Nach dem Guggenheim in Bilbao scheint es vielleicht doch etwas merkwürdig das sich gerade das MARTa in Herford hier Gehör verschafft, da die beiden optisch und geschichtlich so viel verbindet. Die Geschichte des MARTa beginnt 1996 als Stadt und Land den Status von Herford als Standort für die Möbel- und Bekleidungsindustrie schwinden sehen. Als eines von zahlreichen Expo-Projekten soll Herford ein „Haus der Möbel“ errichten um den Wirtschaftsstandort Ostwestfalen/Lippe zu stärken. So ist die Anfangsidee doch mit der Berufung von Jan Hoet zeigt sich das die Zukunft größer, weiter und möbelärmer werden wird. Hoet ein belgischer Kunsthistoriker und Kurator, der auch schon die documenta 9 in Kassel als künstlerischer Leiter betreute, kann den damaligen herforder Bürgermeister Gerhard Klippstein für seine Visionen begeistern. Jan und Gerhard schmieden einen Plan, es soll ein Museum für zeitgenössische Kunst entstehen, mit einem besonderen Blick für Architektur und Design und so regionale Identität zu internationaler Vernetzung führen.
Für die architektonische Umsetzung dieser Aufgabe kann es nur einen geben, the one and only Frank O Gehry. Gehry kommt und errichtet ein Monument aus dunkelroten Backsteinen, die auch bei Industriegebäuden in der Region verwendet wurden, mit einem hellen Dach aus Edelstahl. In gewohnter Gehry-Manier setzt sich all dies zu fließenden, konvexen und konkaven Formen zusammen. In der Mitte das ehemalige Betriebsgebäude der Textilfabrik Ahlers um das fünf Galerien herum gruppiert werden. Fenster gibt es kaum, Lichtschächte erhellen das Innere des Museums. Die Wände und Decken im Inneren sind aus Gipskarton, natürlich auch schräg und wellig und mit Holzvertäfelungen und Holztreppen.
Neben 2500 Quadratmetern Ausstellungsfläche beherbergt das MARTa auch einige Fachverbände der Holz und Möbelindustrie, ein Überbleibsel der ursprünglichen Idee. Von der Interessengemeinschaft Leichtbau e.V, über die Initiative für Massivholz bis hin zum deutschen Korkverband. Der Name MARTa setzt sich zusammen aus M für Möbel, ART für Kunst und a für Ambiente oder Architektur.
Die Geschichtsstunde sei hier beendet, was bleibt sind die unübersehbaren Parallelen zum Guggenheim in Bilbao. Die Geschichte einer wirtschaftlich geschwächten Region, die Gehry mit seinem goldenen Bleistift aus dem Winterschlaf holen soll. Eine Wiederholung der Frage warum eigentlich jede Stadt ein Gehry Gebäude bräuchte soll den geneigten Leser an dieser Stelle erspart werden, ja auch die äußerst bekümmernde Erkenntnis, dass die abgerundeten Werke für die Gehry Museumsbauten erst noch geschaffen werden müssen. Tatsache aber bleibt das sein Bau selten so fehlplatziert war wie in der 65000 Einwohnerstadt Herford. Schmeichelhaft könnte man das MARTa als einen „geheimnisvollen Kometen“ in seiner Umgebung bezeichnen, aber schon Hoet selbst sprach von einer „Blase“. Die Menschen reisen von verschiedenen Orten an, ihr Weg führt sie vom Bahnhof ins MARTa und wieder zurück. In die Innenstadt verirrt sich kaum einer, hier schließen die Läden und sprießen 1Euro Shops. Einheimische hingegen trifft man im MARTa kaum, sie verbindet nichts mit dem Fremdkörper in ihrer Stadt.
Das Projekt von Gerhard und Jan stand von vorne herein unter keinem guten Stern. Der Bau kostete statt 15 satte 30 Millionen Euro und obwohl die Ausstellungen relativ gut besucht sind, kostet der Betrieb des Museums die Stadt doppelt so viel wie erwartet. Jan hat das MARTa 2009 verlassen und ist inzwischen verstorben, Gerhard wurde nicht wieder gewählt.
Wirtschaftliche Interessen sollten nicht entscheidend sein bei der Beurteilung der Qualität eines Museums, sondern die gezeigte Kunst. Aber auch hier hat es die Stadtverwaltung mit kräftiger Unterstützung von Gehry geschafft, dass man erst mal über die millionenschweren und konkaven Backsteine stolpert, vor dem Betreten des Museums.
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Anna Szermanski
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Kunst gucken
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MArta Herford